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Dieser Dokumentarfilm, den Eve-Marie Breglia in den Jahren 1996 bis 2002 drehte, wurde als DVD veröffentlicht und wird auf Steve Colemans anmelde- und überwiegend kostenpflichtiger Internetseite M-Base-Ways (Link) gezeigt, dort allerdings ohne den zusätzlichen Szenen.
Im Film steht weniger Colemans Musik selbst im Mittelpunkt als seine Inspirationsquellen. Im ersten Teil ist er mit dem Tenor-Saxofonisten Von Freeman zu sehen, der für ihn in jungen Jahren ein wichtiger Vermittler der Jazz-Tradition war. Dann geht es um die afrikanischen Wurzeln, die über Kuba in den Jazz geholt wurden. Coleman ist mit seiner Band nach Kuba gereist, es wird altes afro-kubanisches Brauchtum vorgestellt und dann ausschnittsweise die Zusammenarbeit der Coleman-Band mit der afro-kubanischen Gruppe AfroCuba de Matanzas gezeigt. Mit einigen der kubanischen Perkussionisten ist Colemans Band anschließend im Senegal, wo Afrikaner und Kubaner ihre musikalischen Gemeinsamkeiten entdecken und das Ausdrücken von sprachlichen Inhalten durch Trommelspiel Thema ist. Die Stimme eines Rappers bringt den Blues ins Spiel und der Film führt an die amerikanische Westküste, wo die Coleman-Band mit Rappern und lateinamerikanischen Perkussionisten mehrere Wochen lang zusammenarbeitete. Die Musik ist hier „very, very different“ gegenüber den afrikanischen Wurzeln, auch wenn die Verbindung spürbar bleibt. Danach führt die Reise nach Indien und damit verstärkt in spirituelle Bereiche. Außerdem geht es wieder um Sprachcharakter und symbolische Bedeutungen der Musik. Die spirituelle Perspektive leitet über zu Colemans Aufenthalt in Ägypten und zu schwindelerregenden esoterischen Ideen, aus denen Coleman Impulse für seine Musik bezieht. Er rechnet grundlegende Zahlenverhältnisse vor, setzt sie in Musik um und gelangt zur Einleitungs-Phrase von John Coltranes Werk A Love Supreme, die Coleman, eingewoben in Improvisationen, in der Königskammer einer Pyramide spielt, wo durch den Hall ein Geflecht aus Obertönen entsteht (die die Zahlenverhältnisse widerspiegeln). Der letzte Teil des Films zeigt Coleman mit seinem improvisierenden Computerprogramm in Paris. Er hat darin ein kompliziertes System aus verschiedenen Elementen, von alt-ägyptischen Gottheiten über Henry Threadgills Stil bis zu Planeten-Konstellationen untergebracht. Bei einem Auftritt mit diesem Programm schmunzeln Musiker seiner Band und verdrehen die Augen. Die Aufnahmen enden schließlich mit einem Zusammenspiel des Schlagzeugers Sean Rickman und des Conga-Spielers Angá Diaz, das noch einmal die handfeste, kraftvolle Basis der Coleman-Musik in den Mittelpunkt rückt. Aus einem sachlichen, kritischen Blickwinkel ist die Unbekümmertheit, mit der Coleman esoterische Ideen verfolgt, irritierend. Die Lebendigkeit und spielerische Lust, die seine Kreativität antreibt, verleiht allerdings selbst einer so sperrigen Sache wie dem Computerprogramm einen gewissen Charme.
Trailer: Link
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