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JAZZ EINSTIEG – 3. von Hip-Hop und Funk zu Jazz


          HÖRBEISPIEL: Pigmeat Markham: Who Got The Number (1969)

Dieser witzige Wortwechsel in Form eines Sprechgesangs wurde Ende der 1960er Jahre aufgenommen, also lange bevor ein solcher Sprechgesang als Rap bezeichnet wurde. Die Aufnahme stammt vom Komödianten Pigmeat Markham, der damals 65 Jahre alt war.1) Ausdrucksstarke Stimmen, Groove und der Redefluss spielen in der afro-amerikanischen Kultur seit jeher eine große Rolle. Aber wirklich nach Rap klingen die Sprechgesänge, die man in alten Aufnahmen hört, erst, nachdem in den 1960er Jahren die Grooves der Funk-Musik entstanden waren. Pigmeat Markhams Aufnahme, die zuerst zu hören war, hat ja bereits eine ziemlich funkige Begleitmusik.

          HÖRBEISPIEL: Pigmeat Markham: Who Got The Number (1969)

Der Funk wurde vor allem von der James-Brown-Band entwickelt. Sie verzahnte mehrere Rhythmen ineinander, die von verschiedenen Instrumenten gespielt wurden. James Brown fügte mit seinem Gesang und seinen Schreien noch zusätzliche scharfe rhythmische Akzente hinzu.2)

          HÖRBEISPIEL: James Brown: There it is (1972)

James Brown hatte einen Saxofonisten in der Band, den er oft mit einem Solo herausstellte: Maceo Parker.

          HÖRBEISPIEL: James Brown: Cold Sweat (1967)

Maceo Parker trat später mit eigener Band auf – oft auf Jazz-Festivals, obwohl er sich selbst nicht als Jazz-Musiker verstand. Seine ausgedehnten Saxofon-Soli waren allerdings nicht weit von Jazz-Improvisationen entfernt.

          HÖRBEISPIEL: Maceo Parker: Basic Funk: 101 (2004)

Einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung der Funk-Rhythmen lieferte die Straßenmusik von New Orleans, die dann umgekehrt vom Funk und später auch vom Hip-Hop bereichert wurde. So verbinden heutige Brassbands von New Orleans ihre heißen, jazzigen Sounds mit aktuellen Grooves.

          HÖRBEISPIEL: Hot 8 Brass Band: Big Girl (2012)

Letztlich geht das Verzahnen mehrerer Rhythmen, wie es im Funk gemacht wird, auf afrikanische Trommel-Traditionen zurück. Die James-Brown-Band bekam die Anregung dazu allerdings nicht direkt von dort, sondern über Umwege. Ihre Funk-Musik kam dann aber – bezeichnenderweise – in Afrika besonders gut an und afrikanische Musiker entwickelten schließlich mit den westlichen Instrumenten ihre eigene funkige Musik. Eine aktuelle Version davon ist in folgender Aufnahme eines Sängers aus Ghana zu hören. Die besonders spannende Art, wie hier die Rhythmen ineinandergreifen, weist darauf hin, woher all diese Rhythmik letztlich stammt.

          HÖRBEISPIEL: Ebo Taylor: Ayesama (2012)

Jazz-Musiker nutzen seit Langem funkige Grooves und verbinden sie mit der intellektuellen Art des Jazz.3)

          HÖRBEISPIEL: Gary Bartz NTU Troop: Uhuru Sasa (1971)

Hip-Hop war ursprünglich Tanzmusik für die Partys junger afro-amerikanischer und puerto-ricanischer Leute im New Yorker Elendsviertel Bronx. Diese Subkultur entwickelte sich in den 1970er Jahren im Untergrund. Aus einer ähnlichen Szene in Washington D.C. stammt folgende Aufnahme.4)

          HÖRBEISPIEL: Trouble Funk: Let's Get Small (1982)

Rap und Hip-Hop wurden vor allem mit folgendem Hit des Jahres 1982 bekannt.

          HÖRBEISPIEL: Grandmaster Flash & The Furious Five: The Message (1982)

Allmählich sickerte der Rap auch in andere Musikarten ein. Der Jazz-Trompeter Miles Davis griff diesen Trend um 1990 auf. Er war damals für ein gutes Jazz-Trompetenspiel schon zu alt und machte eine Art instrumentale Popmusik.

          HÖRBEISPIEL: Miles Davis: Blow (1991)

Ich fand die damaligen Songs von Miles Davis und auch die meisten anderen Experimente von Jazz-Musikern mit Hip-Hop wenig überzeugend. Aber es gab eine coole Musik, die Funk, Jazz und Hip-Hop-Einflüsse wirklich clever miteinander verband. Sie kam vom Saxofonisten Steve Coleman, der in New York mit anderen jungen Jazz-Musikern eine kreative Szene bildete.5)

          HÖRBEISPIEL: Steve Coleman and Five Elements: Stone Bone (1986)

Steve Coleman entwickelte dann eine besonders raffinierte Art von ineinander verzahnten Rhythmen. Sie verschieben sich dauernd gegeneinander und ergeben dadurch ständig neue rhythmische Muster. Trotzdem erzeugen sie zugleich starken, funkigen Groove.

          HÖRBEISPIEL: Steve Coleman and Five Elements: Alt-Shift-Return (1993)

Steve Coleman ist der absolute Meister, wenn es um komplexe Rhythmen mit lässigem Groove geht. Er arbeitete mehrmals mit Rappern zusammen und dann immer wieder mit einem von ihnen: Kokayi. Der machte aus dem Rap eine echte Improvisationskunst mit starkem rhythmischem Flow. In folgender Aufnahme baut Steve Coleman zunächst mit seiner Band einen seiner kniffligen Grooves auf.

          HÖRBEISPIEL: Steve Coleman and Five Elements: I’m Burnin Up (1995)

Nun ist Kokayi zu hören.

          HÖRBEISPIEL: Steve Coleman and Five Elements: I’m Burnin Up (1995)

Was Musik funky macht, sind vor allem auch Lücken. Man spürt den Beat, aber er wird nicht ständig betont, sondern oft indirekt ausgedrückt.

          HÖRBEISPIEL: The Meters: Cissy Strut (1969)

Im Jazz wird vieles indirekt ausgedrückt. Noch dazu wird der indirekte Ausdruck laufend abgewandelt. Das ergibt einen speziellen Reiz. Ist man ein wenig damit vertraut, dann zeigt sich, dass Groove nicht gleichbleibende rhythmische Muster braucht, wie sie in der Tanzmusik üblich sind.

          HÖRBEISPIEL: David Murray: Off Season (Ed Blackwell Schlagzeug; 1983)

Kommt man von Funk und Hip-Hop zum Jazz, dann bringt man Rhythmus-Gefühl mit und das ist erst einmal eine ausgezeichnete Basis für Jazz. Nun geht es darum, die Melodie mehr ins Spiel zu bringen. Melodie enthält immer auch Rhythmus. Seit jeher kommt im Jazz eine Menge Rhythmus von den Melodie-Instrumenten.

Im folgenden Beispiel besteht schon die Melodie des Stücks größtenteils aus Rhythmus. Sie wurde vom Saxofonisten Sonny Rollins komponiert. Auch in seiner anschließenden Improvisation spielt er sehr rhythmisch.

          HÖRBEISPIEL: Sonny Rollins: Strode Rode (1956)

Mit Melodien erzeugen die Jazz-Meister faszinierende Bewegungen und damit eine Menge Groove.

          HÖRBEISPIEL: Steve Coleman and Five Elements: Horda (2017)

  

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Fußnoten können direkt im Artikel angeklickt werden.

  1. Näheres zu Pigmeat Markham: Link
  2. Näheres zur Entstehung des Funk: Link
  3. Näheres: Link
  4. Näheres zur Entstehung des Hip-Hop: Link
  5. Näheres zu dieser Szene: Link

 

 


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