HÖRBEISPIEL:
Louis Jordan: GI Jive (1944)
Louis Jordan war in den 1940er Jahren bei Afro-Amerikanern einer der beliebtesten Sänger. Mit seiner swingenden, Jazz-nahen Musik machte er gute Laune, auch wenn die Lebensumstände oft düster waren. In den 1950er Jahren kam seine heiter swingende Musik jedoch bei den jungen Leuten aus der Mode. Und allgemein schwand der Einfluss des Jazz-Rhythmus, der zuvor große Teile der afro-amerikanischen Musik beherrscht hatte. Härtere, rauere Rhythmen und Klänge waren nun gefragt. Sie kamen aus der Volksmusik der armen afro-amerikanischen Bevölkerung der Südstaaten, besonders aus ihrer ekstatischen Kirchenmusik. Zum Beispiel hämmerte der Sänger Little Richard so vehement auf die Klaviertasten, dass auch der Schlagzeuger zu einem starreren Rhythmus überging.
HÖRBEISPIEL: Little Richard: Lucille (1957)
Dieser starrere, nicht swingende Rhythmus mit einer starken Betonung des Backbeats (also des hinteren Beats) wirkt wie ein abwechselndes Fußstampfen und Klatschen. Er wurde zum meistverwendeten Grundrhythmus der populären Musik, besonders auch der späteren Rockmusik. Manche Musiker verbanden diesen Grundrhythmus mit geschmeidigeren Rhythmen, zum Beispiel aus der Straßenmusik von New Orleans.
HÖRBEISPIEL: Fats Domino: I’m Walkin’ (1957)
Auf Rhythmusgefühl, Körperbewegung und Stil wurde in der afro-amerikanischen Musik großer Wert gelegt und immer wieder wurden bestechende neue Spielweisen entwickelt. Schlagzeuger verlängerten die Patterns (also die rhythmischen Muster, die wiederholt werden) und gestalteten sie spannender, unregelmäßiger, mit Verschiebungen der Beats, mit Lücken und Einfügungen. Die Patterns erzeugten so ein ständiges Pendeln zwischen anregender Unregelmäßigkeit und Rückkehr zum verlässlichen Beat.
HÖRBEISPIEL: James Brown: Funky Drummer (1970)
Das eher schwere, körperbetonte Feeling dieser Musik wurde oft als „funky“ bezeichnet. Doch war das ein vager Begriff, der für vieles verwendet wurde. Ab Mitte der 1960er entwickelte sich die James-Brown-Band in eine Richtung, die „Funk“ genannt wurde, und hier hatte dieser Begriff eine speziellere Bedeutung. Typisch für diese Musik waren nicht nur spannende Patterns, sondern auch das geschickte Verzahnen mehrerer Patterns, die von verschiedenen Instrumenten gespielt wurden – von Bass, Schlagzeug, Gitarren, auch Blasinstrumenten. Als Beginn dieser Entwicklung gilt folgender Song:
HÖRBEISPIEL: James Brown: Papa's Got A Brand New Bag (1965)
Voll ausgereift war diese Funk-Musik mit ihren ineinander verflochtenen Rhythmen in folgendem Stück:
HÖRBEISPIEL: James Brown: Mother Popcorn (1969)
Auf meiner Jazzseite habe ich diese rhythmische Entwicklung der Tanzmusik ausführlicher dargestellt. Ein Link steht unter dem Video.1)
Diese Entwicklung hat weit vom Jazz-Rhythmus weggeführt und dann zunehmend auf den Jazz zurückgewirkt. Denn das Musikempfinden jüngerer Jazz-Musiker war von der Tanzmusik ihrer Generation geprägt und das brachten sie in den Jazz ein – so wie es vorhergehende Musiker mit ihren Erfahrungen gemacht hatten. Das ergab Ansätze für eine Weiterentwicklung des Jazz. Dazu im nächsten Video.
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